Bernd Bieglmaier sollte uns von der Bedürftigen-Redaktion damit überraschen, dass er uns einen Bedürftigen empfahl, der bereits in den Genuß als Bedürftiger der Woche gekommen war. Zweimal, nein, das ginge nicht, war der allgemeine Tenor in der Redaktionsstube. Von Wettbewerbsverzerrung war die Rede. Es ginge doch, war aber die nachdrückliche Meinung von Bernd Bieglmaier.
Er argumentierte, dass Herr Michael S. zuvor nur in seiner Rolle als Vizekanzler zu seinem Titel gekommen, nicht aber in seiner Rolle als Außenminister. Bernd Bieglmaier legte seine Standpunkte da, und wir diskutierten mit ihm. Und diskutierten und diskutierten und diskutierten… und ließen uns von unserem Experten überzeugen. Herr Michael S. erwies sich als deratig bedürftig, dass wir schlußendlich nicht mehr umhin kamen, ihn ein weiteres Mal vorzustellen. Oder besser gesagt: vorstellen zu müssen.
In seiner Rolle als Außenminister eines angeblich „neutralen“ Landes scheint Herr Michael S. mit dem Begriff „Außen“ etwas falsch verstanden zu haben. Seine Instruktionen bezieht er gerne von außerhalb, vorzugsweise aus Washington und New York. Dort kann er auch zuhören. Und sollten dort seine Freunde aus der US-Administration wie bei der UNO-Vollversammlung im September 2011 keinen Dialog mit anderen Regierungsvertretern, die ihnen mißliebig sind, wünschen, so kommt er diesen Wünschen gerne nach. Wie an einer unsichtbaren Leine gezogen. Ganz ohne Halsband.
Sein Verständnis für „Neutralität“ erscheint deutlich deformiert, wenn Herr Michael S. wie Mai 2012 als kleiner Botschaftsüberbringer der nicht neutralen „EU“ davon schwafelte, dass der europäische Staat Bosnien „europareif“ werden solle und seinem bosnischen Amtskollegen dazu riet, „rasch die Weichen in Richtung“ dieser „EU“, aber auch gleichzeitig in Richtung „NATO“ zu stellen, der weltweit antineutralsten und aggressivsten Militärorganisation. Also jener Organisation, welche die Schaffung des Staates Bosnien unter der Führung aus Übersee erst ermöglicht hatte – unter anderem mit massenweise eingeflogenen islamistischen Söldnern und Terroristen. Versüßt wurde bosnische Einbindung mit jährlichen 100 Millionen Euro an EU-Steuergeldern für Bosnien, deklariert als „Vor-Beitrittshilfe“. Sogar einer der politischen Gegner von Herrn S., der Ex-Zivi und nunmehrige Ex-Verteidigungsminister Norbert N., der sich während seiner Amtszeit vor allem selbst verteidigt hatte, kam nicht umhin, sein Entzücken für diese verquere Neutralitätswahrnehmung zu verkünden: „Österreich arbeitet gut mit der „NATO“ zusammen.“ Sein Chef, der bedürftige Werner F., sah darin sogar einen „Meilenstein“. Schön, wenn man gemeinschaftlich jemand anderem so beflissen zuarbeiten kann.
Michael S. zusammen mit seinem bedürftigen Kumpel Werner F.
In der Bedürftigen-Redaktion ist immer wieder darüber diskutiert worden, ob die Anbiederung an die aggressivsten Militärmächte vielleicht doch einer geschickten Abwehrstrategie entspringt, damit Österreich irgendwann nicht ebenfalls als „Schurkenstaat“ bezeichnet werden könnte und im Zuge dessen in den Explosionswolken von „humanitären Bombardements“ zu verschwinden.
Dazu könnte durchaus der Besuch der österreichischen Delegation zum NATO-Gipfel in Chicago gewertet werden, zu welcher der US-Warlord Barrack O. nachdrücklich geladen hatte. Die 18 Millionen Euro, die lustigerweise als „hohe einstellige“ Summe bezeichnet wurde und wieder einmal vom Fehlen der mathematischen Grundkenntnisse zeugten, erscheinen für einen Frieden als sehr gering erkauft. Zumal dieses Geld über die Treuhandsgesellschaft „USA“ der armen Bevölkerung in der kriegsverwüsteten NATO-Besatzungszone Afghanistan zugute kommen soll.
Herrn S. lässt man ab und zu auch gerne reden, was grundsätzlich wichtig ist in seiner Rolle als Außenministers. Michael S. mag das auch, das Reden. Das ist wichtig, er ist wichtig, das Gefühl von Wichtigkeit ist wichtig. Man legt Wert auf seine öffentliche Meinung, die vorher nicht öffentlich an ihm herangetragen wird. Dann kann er sich darüber auslassen, was es bedeutet, keine eigene Meinung zu haben und auf die Meinung anderer zu warten, die ohnehin bekannt ist.
Aber dann kamen uns in der Bedürftigen-Redaktion doch wieder Zweifel an den Befähigungen des Außenministers und an seiner von uns angedachten, unterstellten geheimen strategischen Ausrichtung, um die österreichischen Bevölkerung vor einer Militärintervention zu schützen.
Zwar hatte sich Herr Michael S. im Herbst 2012 noch besorgt über die Palästinenser gezeigt und ihnen väterlich geraten, doch lieber nicht für die überfällige Anerkennung eines eigenen Staates einzutreten. Aber irgendwie hatte er es dabei fertig gebracht, dabei keinen eigenen Standpunkt zu benennen, dafür aber über mögliche Folgen für diese Menschen zu quatschen, die sie, in Stich gelassen, ohnehin tagtäglich zu spüren bekommen. Wie das halt so ist, wenn man unter den „Fittichen“ eines hochgerüsteten, aggressiven und rechtsgerichteten Arpartheit-Regimes, den Unantastbaren, ein elendes Dasein fristen muss.
Dennoch gefiel sich Herr Michael S. in seiner Rolle derartig gut, dass er – nach dem üblichen Zögern und der Meinungseinholung von außerhalb – nichts Negatives an dem NATO-Angriffskrieg gegen Libyen fand und schließlich die NATO-Proxy-Truppen und marodierenden Söldnerhaufen als „rechtmäßig“ anerkannte. Als rechtmäßiger Staat Libyen, als Armee oder gar als rechtmäßige Terroristen?
Selbst wenn wir die Sorge des Herrn S. in seiner Rolle als Außenminister um die Handelsbeziehungen teilen würden, einerseits gegenüber den kriegstreiberischen EUlern und dem Mastermind aus Übersee, andererseits gegenüber dem neuen NATO-Protektorat Libyen nicht an Boden zu verlieren. Denn dort war es bereits vor der Ermordung des Staatschefs um die Verteilung der Beute gegangen. Doch die Zerstörung eines Landes mit mindestens 60.000 – 70.000 Toten aller Altersgruppen existierte in dieser Sorge nicht. Dieses Wahrnehmungsproblem kann nicht akzeptabel sein und bewies uns eine tiefgreifende moralische Störung. Das Gerede von Menschenrechten wirkte daher aufgesetzt, zumal seine neuen Söldnerfreunde auch nach offiziellem Kriegsende weiterhin gerne foltern und morden.
Wir wissen natürlich nicht, ob Herr S. später in seinen Memoiren erzählen wird, dass es in Libyen nie Schwarzafrikaner gab, denn heute sind sie verschwunden. Rassistisch motiviert vertrieben, in Käfige gesperrt oder gleich erschlagen.
Somit verkommt die seit Mai 2011 bestehende Mitgliedschaft Österreichs im UNO-Menschenrechtsrat zu einer nichtssagenden Staffage, bei denen die permanenten und massenhaften Verbrechen der „westlichen“ UNO-Mitglieder alias NATO alias EU, die er gerne seine Freunde und Partner nennt, schlichtweg ignoriert werden. Sie existieren in der offiziellen Welt des Herrn S. nicht.
Bei seiner Rede zu dem „Internationalen Tag der Kinderrechte“ am 20. November 2011 fiel ihm nur ein einziges Land ein, welches sich um diese Kinderrechte einen Dreck zu kümmern scheint: der Iran. Womit sich Herr S. natürlich ganz auf Linie seiner Freunde und Mentoren aus Übersee befindet, die sich allein in den vergangenen 20 Jahren als Kindermörder uneinholbar an die Spitze dieser verabscheuungswürdigen Skala gebombt und geschossen haben und derzeit, seit bereits 2 Jahren, mal wieder einen neuen, nun aber mehr oder minder verdeckten Krieg in Syrien am Laufen haben.
Als Österreich im Mai 2011 für drei Jahre in den „Menschenrechtsrat“ der UN gewählt wurde, hatte Herr S. in seiner Rolle als Außenminister noch getönt: „Die weltweite Förderung der Menschenrechte ist seit vielen Jahren ein Kernanliegen der österreichischen Außenpolitik. Unsere Mitgliedschaft in diesem bedeutenden Gremium, wollen wir nutzen, um konkrete Schritte zur Verbesserung der menschenrechtlichen Situation weltweit zu setzen.“
Es sollten auch Schwerpunkte gesetzt werden: Schutz religiöser, ethnischer und sprachlicher Minderheiten. Schutz der Journalisten. Rechte der Kinder. Schutz von behinderten Menschen.
Wir aus der Bedürftigen-Redaktion beschränkten unsere Bedürftigkeits-Analyse vor allem auf den Schauplatz Syrien und verglichen Worte mit dem Handeln.
Dass sich der Staat Syrien gerade einer ausländischen Intervention erwehren muss, wird von Herrn Michael S. nicht bemerkt. Dass seine „Partner“ aus Übersee, seine Freunde aus der „NATO“ und seine „Bekannten“ aus den Golf-Dikaturen Massen an Söldnern ausbilden, ausrüsten und in das Land Syrien pumpen, um mit Mord und Terror die dortige Regierung im Tausch mit einer Marionette zu Fall zu bringen, wird ebenfalls nicht erkannt. Oder ignoriert. Oder verschwiegen.
Während er dem einen Golf-Intervenisten, dem radikalsten Regime in diesem Raum, einen Palais in Wien „für den Dialog“ schenkt, verurteilt er die syrische Regierung, die gegen diese immer besser ausgerüsteten Mörderbanden aus Saudi-Arabien, Katar, Jordanien, Libanon, Ägypten, Libyen, Tunesien, Israel, Tschetschenien, Afghanistan, Pakistan, Türkei, aber auch Syrien usw. vorzugehen versucht, sieht Al-Kaida-Truppen als Freiheitskämpfer an und Faschisten als Demokraten. Weitere Sanktionen gegen den syrischen Staat, welcher nur die Bevölkerung trifft, hält er für angemessen. Zwar fordert er Verhandlungen ein, übersieht aber, dass die imperialen Killer nicht verhandeln wollen und deponiert bei dieser Gelegenheit die gar nicht neutrale Ansicht nach einen Regierungswechsel, wie es vom Übersee-Imperium zufällig seit Jahren angekündigt und beabsichtigt worden ist. Ungeachtet dessen natürlich, dass die große Mehrheit der Syrer stärker als zuvor hinter ihrer Regierung steht und demokratische Wahlen bevorstehen.
Mit Hilfe der Definition von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ aus den Nürnberger Prozessen mussten wir aus der Bedürftigen-Redaktion feststellen, dass der Schutz der religiösen, ethischen und sprachlichen Minderheiten (einschließlich der christlichen Minderheit) in Syrien außerhalb der Maßnahmen der syrischen Regierung nicht existent ist. Sie werden von den Terroristen und Faschisten ebenso ermordert wie behinderte Menschen. Die ermordeten syrischen Journalisten scheinen in der Statistik nicht auf. Terroristen ermorden Kinder, während sie andere zu Kindersoldaten „umerziehen“.
Dass Herr Michael S. in seiner Rolle als Außenminister über keine eigene zumindest öffentliche Meinung verfügt, sondern nur jene der anderen widergibt, ist hinlänglich bekannt. Aber es hatte bei uns in der Bedürftigen-Redaktion doch noch für Verwunderung gesorgt, dass Herr S, nicht nur seine „Partner und Freunde“ den verbrecherichen Rücken stärkt, sondern er offenbar Al Kaida „irgendwie“ ganz gut findet, welche nun in Syrien mit der mörderischen und zerstörerischen Drecksarbeit im Interesse seiner Geldgeber beschäftigt ist.
Herr S., war das nicht einmal ganz anders gewesen? Erinnern sie sich noch daran, was Sie von Ihrem großen Partner 2001 erzählt bekommen haben?
Allein die Vorstellung, derartig viel Speichel der Militärmächte zu lecken, hat uns in der Bedürftigen-Redaktion kotzen lassen.
Aber da wir nun wirklich nicht annehmen wollen, dass Herr S. in seiner Rolle als „christlicher“ Außenminister und Doktor der Rechtswissenschaften verräterisch den Interessen des Auslandes dient und als Helfer und Helfershelfer ein Komplize der Kriegstreiber und Kriegsverbrecher ist, müssen wir ihm bei den unüberbrückbaren Widersprüchen seiner Worte und seines Handelns bzw. Nichthandelns den Status eines besonders bedürftigen, weil sozial armen, inkompetenten, opportunen, feigen und offenbar unter Dauer-Demenz leidenden Menschen zweifellos anerkennen.
Diese Art von Bedürftigkeit mit dem aufgezeigten soziologischen und moralischen Tiefpunkt ist uns nicht genehm, das geben wir offen zu. Es war uns sogar richtig unangenehm, eine derartige Person erneut als einen Bedürftigen der Woche vorstellen zu müssen. Auch wenn er sich bei uns nicht persönlich gemeldet hat, aufgedrängt hat er sich allemal.
Wir möchten uns dafür entschuldigen, vor allem gegenüber all den anderen Bedürftigen, aber es blieb uns keine andere Wahl.