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Gefolteter des Monats: KSM. Teil 1.

 

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Quelle: CIA, AP, Wikimedia Commens: „KSM“ nach seiner Entführung.

 

Bereits vor dem 9/11-Gedenktag des Jahres 2024 hatten US-amerikanische Regierungskreise das Bedürfnis, die von Ihnen gestaltete und monopolisierte Erinnerungskultur des Terroranschlags des Jahres 2001 zu beleben. Die Tageszeitung „New York Times“ diente wie gewohnt der Übermittlung der Botschaften aus dem Sumpf der Geheimdienste, des Militärs und der Justiz aus dem Land der als „demokratisch“ verklärten Oligarchie in Übersee.

Österreichische und transatlantisch gesteuerte Gazetten transportierten die Botschaften ebenso gewohnt unreflektiert in hiesige Breiten an den Plebs weiter, da können vermeintliche Inhalte noch so widersprüchlich oder gar krank daherkommen.

Es handelt sich um die Fortsetzung jener Geschichte, die wir im Vorjahr bereits kommentiert hatten:

Denktag 9/11. | BOLLWERK

Bei der „neuen“ Geschichte handelt es sich um den Aufguss einer alten und nie enden wollenden. Der von den USA in Guatanamo eingesperrte Khalid Scheich Mohammed, dem zumindest für die Öffentlichkeit vorgeworfen wird, dass es sich bei ihm um den angeblichen „Hauptdrahtzieher“ der Anschläge vom 11. September 2001 handeln soll, würde mit seinen angeblichen Komplizen in der kommenden Woche ein Geständnis ablegen. So jedenfalls wurde es massenmedial angekündigt.

Im KURIER (Druckausgabe vom 2. August 2024) klang dies so:

„Hauptdrahtzieher Khalid Scheich Mohammed und Komplizen sollen kommende Woche Geständnis ablegen.“

Ja, das sollen sie tun. Endlich sollen sie das tun. Das sagen US-Behörden. Das sagt nicht nicht KSM, von dem niemand weiß, ob er überhaupt noch am Leben ist, da ihn seit 15 (?) Jahren niemand mehr gesehen hat.

Das Setting ist spektakulär: US-amerikanische Verbrecher beschuldigen KSM für zahlreiche Verbrechen, deren Verhandlung sie allerdings nicht vor Gericht bringen, sondern es nur bei Behauptungen belassen, während sie den Bezichtigten verschwinden lassen. Dies sind Handlungen, die großen Verbrechern würdig sind.

Dirk Hautkapp ist für den KURIER der Redakteur in Washington, wo er vorgibt, diesen Kontext nicht zu bemerken. Wie im Vorjahr setzte er abermals auf Emotionen statt auf Inhalte. Sein aktueller Zitatengeber heißt dieses Mal Jim Smith, er soll tragischerweise seine Frau bei den Anschlägen verloren haben. Der Artikel vermittelte die Empörung des Mannes, weil den angeblichen Attentätern eine „Todesstrafe“ erspart werden solle, würden sie sich auf einen – außergerichtlichen – „Deal“ mit dem US-Verteidigungsministerium (!) eingehen.

Jim Smith und andere bei Hautkapp auftretende Protagonisten sind bei dieser Erzählung ganz auf die Bestrafung der angeblich für die Attentate verantwortlichen Männer fixiert. Ganz offen wird der Wunsch nach einer Hinrichtung artikuliert, auf welche man bereits 23 Jahre gewartet haben will. Das Urteil wurde schließlich bereits durch die Kanäle des US-Verteidigungsministeriums veröffentlicht: bei KSM soll es sich um den „Hauptdrahtzieher“ handeln, bei Walid-bin Attash um den angeblichen Ausbilder von (Selbstmord-) Piloten und bei Mustafa al-Hawsawi um einen Finanzier der Attentate. So wurde und wird das gesagt.  

Eine gerichtliche Aufarbeitung, Anklage und Verurteilung gab es freilich nie. Der von Hautkapp dargestellte Plebs begnügte sich naiv mit den Behauptungen von Offiziellen aus den US-Behörden. Der Wunsch nach einer Aufklärung des Terroranschlags kam in dem Text genau so wenig vor wie eine Belastung oder Entlastung der bezichtigten Gefangenen.

Warum drei 9/11-Hintermänner jetzt der Todesstrafe entgehen könnten (kurier.at)

PressReader.com – Zeitungen aus der ganzen Welt

Auch ohne Hintergrundinformationen ist es überdeutlich sichtbar, dass auch nach 22 Jahren und permanenter Folter des KSM, bei welcher das Opfer nachvollziehbar zahllose Verbrechen – auch jene, die sich erst nach seiner Entführung ereignet haben – gestanden haben soll. Und dennoch reichte es ganz offensichtlich nicht, um diesen Mann (und andere) vor ein Gericht zu stellen. Angeblich musste nun ein herausgefoltertes zentrales Geständnis her, welches freilich ebenso wertlos sein würde wie alle anderen „Geständnisse“.

Hautkapp stellte dann immerhin selbst den Wert der Aussagen von Folteropfern in Frage, behauptete aber falsch, dass es darüber „keine juristisch abschließende Beurteilung“ geben würde, als würde dieses Verbrechen nach nationalem wie internationalem Recht irgendwie diskutierbar sein.

Offensichtlicher und primitiver lassen sich Medienkonsumenten kaum noch verblöden. Das ist unangenehm, auch für den Redakteur Hautkapp, der nur als ein Überbringer von US-Botschaften dient. Warum ein „echter Prozess schwierig“ sein würde?

„Der Hauptgrund: Die Aufarbeitung der 9/11-Anschläge tritt seit der Anklage-Erhebung gegen KSM und Co. auf der Stelle. Welche Aussagen, Akten und Staatsgeheimnnisse in einem echten Prozess vorgelegt werden dürften und welche nicht, darüber gibt es bis heute zwischen Anklage und Verteidigung keinen Konsens.“

Die von Hautkapp dargestellte und kolportierte Hilflosigkeit ist an Erbärmlichkeit nicht zu überbieten. Konsens gäbe es somit nur bei einem falschen Prozess.

Das angebliche Angebot des US-Verteidigungsministeriums an KSM, ihm für ein „Geständnis“ die Todesstrafe zu ersparen, ist null und nichtig, da eine „Todesstrafe“ gerichtlich erst nach einem entsprechenden Verfahren und Urteil vollstreckt werden könnte. Bekanntlich gibt es weder Verfahren noch Urteil, sondern nur ein Nichts. Davon abgesehen, sind die USA weltweit mit größtem Abstand führend in Sachen außergerichtlicher Hinrichtungen. In Massen. 

Die von der „New York Times“ über Dirk Hautkapp gestreute Geschichte ist nichts weiter als ein leeres Gerede, ein Märchen, welches vorgegebene „Erinnerungen“ stimulieren soll. Die Erinnerung an eine von der US-Regierung im Jahre 2001 verbreiteten Verschwörungstheorie: Jim Smith, dessen Frau Moira im Einsatz als Polizistin am 11. September 2001 bei den Terror-Anschlägen der radikal-islamistischen Al-Kaida in New York starb…“

 

Samstag
03
August 2024
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