(Quelle: Screenshot, Southfront).
Der STANDARD hatte die Urheberschaft seines Online-Artikels vom 23. März mit „APA“ und „red“ (Redaktion) gekennzeichnet. Der Name eines speziellen Redakteurs scheint hier nicht auf.
Hier wurde bereits über das Bekenntnis der „Jihadistenmiliz Islamischer Staat“ berichtet, welche auf „Telegram“ erschienen war. Auch wurde mitgeteilt, dass das ukrainische Außenministerium jegliche Beteiligung an dem Anschlag von sich gewiesen habe. Es wurde weiters das Bemühen der US-Regierung dargestellt, keinen Zusammenhang zwischen Attentat und der Ukraine herzustellen.
Der Artikel im STANDARD war weitgehend neutral gehalten. Interessant wurde es, dass der STANDARD, wie es heißt, Markus Reisner von der Militärakademie in Wiener Neustadt, um eine Stellungnahme gebeten habe. Der Grund bleibt schleierhaft, weil dieser Offizier (Oberst) nichts dazu beizutragen hatte. Möglicherweise war dies einfach nur seiner medialen Präsenz geschuldet, die natürlich inhaltlich darauf bedacht war, die Erzählungen der NATO-PR und seiner Arbeitgeber beim Verteidigungsministerium ja nicht zu unterlaufen. Was, nebenbei bemerkt, auch seine Geschichten als Offizier und Historiker (Luftkrieg über Österreich 1943-45, Diss. 2013) entwertete.
Dieser Reisner hatte für den STANDARD eine bemerkenswerte Geschichte zu seinen Wahrnehmungen und Gefühlen anzubieten:
„… fühlte sich am Freitagabend in einem ersten Statement für den STANDARD unwillkürlich an 1999 erinnert, als der damalige Ministerpräsident Wladimir Putin Anschläge auf Wohnhäuser in Russland mit hunderten Toten zum Anlass nahm, den zweiten Tschetschenienkrieg loszutreten.
Unwillkürlich! Der 46-jährige Reisner besaß offenbar ein Elefanten-Gedächtnis. Dieses Ereignis von 1999, damals medial eher untergeordnet präsentiert, schien sich bei ihm als 21-Jährigen förmlich eingebrannt zu haben. Und klar, Putin hätte diese Anschläge genutzt, um den „zweiten Tschetschenienkrieg loszutreten“, also zu beginnen, weil er ja der hinlänglich bekannte „Aggressor“ sei – und sonst niemand. So jedenfalls der militärische „Historiker“, der sich offenbar zuvor unwillkürlich noch im tendenziösen Wikipedia-Fundus schlau gemacht hatte. Dort steht:
„Die Terroranschläge waren Anlass für Russland, den Zweiten Tschetschenienkrieg zu beginnen.“
Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser in Russland – Wikipedia
Das ist kein Zufall, denn dem folgte die weitere Botschaft:
„“Die Ursache für den Anschlag ist irrelevant, die Folgen werden nachhaltig sein“, glaubt Reisner.
Wie der fleißige Arbeiter im KURIER möchte auch Reisner – allerdings diskreter – in eine Richtung deuten, dass Russland den Terroranschlag als Vorwand nutzen könnte.
„Und: Russland entscheidet nun, wie es den Anschlag interpretiert und wie es ihn nutzen will.“
Vorerst wird dort allerdings noch untersucht, auch wenn bereits Verdächtigungen in Richtung Ukraine (und letztlich in Richtung USA) geäußert wurden.
Reisner, der hier Propaganda für die westlichen Kriegsparteien betreibt, war 23 Jahre jung gewesen, als sich ein Anschlag ereignet hat, den niemand vergisst, weil er bis dahin alles andere in den Schatten gestellt hatte: 9/11. Aus irgendeinem Grund war Reisner dieser gewaltige Terroranschlag nicht „unwillkürlich“ in Erinnerung gekommen. Und auch nicht die „Interpretation“ und der Vorwand der USA, anschließend zwei Länder zu überfallen und hunderttausende Menschen umzubringen.
Militärexperte Reisner steht natürlich in der Öffentlichkeit, weil er das „Richtige“ redet und nicht das Falsche. Ein Militärkamerad von ihm, welcher sich abseits medialer Dienstleistungen befindet, äußerte dagegen vor einigen Tagen in der Sauna, dass all das, was in den Massenmedien geredet wird, ein großer Käse sei.
Nach Reisner kam im STANDARD natürlich der „Terrorismusexperte“ Peter Neumann sein Platz. Der habe auf „X“ (vormals Twitter) auf „massenweise Fake News“ hingewiesen. Das wurde hier nicht weiter erklärt und entlastete den vermeintlichen „Experten“ von einer brauchbaren Expertise. Die Botschaft, dass der IS „hinter dem Anschlag stehen dürfte“, war das, um was es ging.
Am frühen Nachmittag des 23. März aktualisierte der STANDARD den Bericht und schilderte den Ablauf des Anschlags, soweit dieser bekannt gemacht worden war. Hier auch die ersten Nachrichten über die Festnahme der Attentäter durch russische Sicherheitskräfte.
Was wir über den blutigen Anschlag bei Moskau wissen – Russland – derStandard.at › International
Die „Terrormiliz IS“ würde sich der Tat bekannt haben, so der STANDARD weiter, „wie das IS-Sprachrohr Amak am Freitag im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete.“
Allerdings wurde hier nicht bekannt gegeben, wer dieses „Sprachrohr“ gesehen hatte oder von wem die Meldung über dieses „Sprachrohr“ stammte. Stattdessen hieß es, dass „Experten“ von der Echtheit ausgehen würden, als würde dies eine Primärquelle ersetzen.
Folgt man dem Link unter „Experten“, führt dieser wieder zum „Terrorismusexperten“ Peter Neumann, welcher darum bemüht war, auch ohne weitere Kenntnis eine falsche Spur zu legen. Außer Spekulationen hatte er nichts zu bieten, doch unterstrich er seine nicht vorhandene Seriosität, in dem er vor Spekulationen anderer warnte. Zum wiederholten Male dient Neumann als angeblicher Experte nur dazu, die von NATO-Seite gestützten Behauptungen und gelegten Spuren massenmedial zu verankern. Das ist PR.
Ticker-Nachlese: Ukrainische Drohnen greifen Sewastopol an – Livebericht – Russland (derstandard.at)
Gestützt wurde das PR-Gerede mit einem Gerücht:
„US-Geheimdienste sollen nach Angaben von US-Beamten ebenfalls Informationen dafür haben, dass der IS für den Anschlag verantwortlich ist.“
Wenn das keine Empfehlung ist!
Gerede und Gerücht wurden durch einen weiteren vermeintlichen „Experten“ bekräftigt, um so etwas wie eine Geisterrealität zu beschwören:
„Nach Angaben des Experten Colin Clarke von der Denkfabrik Soufan Center hat sich der IS-K in den letzten Jahren „in seiner Propaganda stark auf Russland eingeschossen, und Putin häufig kritisiert.““
Ach, herje!
Bei diesem „Soufan Center“ handelt es sich übrigens um eine US—Al-Kaida-Propaganda-Klitsche, und der erwähnte Clarke ist der Mann, der dazu Verschwörungstheorien der US-Regierung verbreitet.
Der STANDARD gab sich unerschütterlich darin, unseriöse US-Quellen, die belegbefreit etwas in die menge warfen, zu einer Wahrscheinlichkeit umzudeuten.
„Trotz IS-Bekennerschreiben wurden am Freitagabend im Internet dennoch zahlreiche wilde Spekulationen und auch antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet, die unter anderem eine Verwicklung der Ukraine sahen.“
Wer also den vom STANDARD weiterverbreiteten Verschwörungstheorien der US-Regierung keinen Glauben schenken möchte, ist ein verschwörungstheoretischer Antisemit.
Das ist STANDARD-Qualität, aber kein Journalismus.