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Es war einmal ein Märchen.

 

Massenmedial werden tagtäglich Märchen erzählt. Nicht zur Unterhaltung, sondern zur Verschleierung realer Vorgänge.

Vor der weitgehend bedeutungslosen Wahl des EU-Parlaments wurde in der angeblich unabhängigen Presselandschaft groß die Werbetrommel für eben diese Wahl, vor allem für das Gebilde „EU“ gerührt.

Uns ist unlängst eine besonders dreist-dümmliche Werbung im KURIER in die Hände gefallen, die freilich nicht als Werbung deklariert wurde. Im Gegenteil, der überschaubare Text (bei einem weitaus größeren Grafikanteil), übertitelt mit „Der lange Weg zur EU“ wurde in der Rubrik „Zeitgeschichte“ und „Geschichte zum Anschauen“ platziert. (Printausgabe KURIER vom 1. Juni 2024). 

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Die Autorin des Textes heißt Elisabeth Holzer-Ottawa, immerhin eine promovierte Historikerin.

Elisabeth Holzer-Ottawa (kurier.at)

Aus uns unbekannten Gründen arbeitet sie aber für den KURIER, wo sie sich mit sog. „Freizeitthemen“ befasst, wie z.B. „Nackte männliche Oberkörper im Stadtbild. Ist das okay?“

Nackte männliche Oberkörper im Stadtbild: Ist das okay? (kurier.at)

Na, gut, das war nicht ganz nett. In dem KURIER-Text kam vor allem eine andere Historikerin zu Wort, Frau Anita Ziegerhofer von der Universität Graz.

Anita Ziegerhofer – Wikipedia

Diese äußert sich hinsichtlich einem „geeinten Europa“ dahingehend, dass „Europapläne“ keine Erfindung des 20. Jahrhunderts wären.

Aha. Ziegerhofer klärte uns im KURIER auf:

„Die Idee als solche haben wir seit dem Mittelalter. Es waren Philosophen oder Berater von Herrschern, die darüber nachgedacht haben, wie man Frieden in Europa schaffen kann.“

Das muss eine bahnbrechende Erkenntnis gewesen sein, eine, der wir getrost Glauben schenken können, und eine, welche auch Millionen andere Menschen geteilt haben dürften. Frieden, einfach nur Frieden. Zu Hause, in der Nachbarschaft, mit dem Grundherren, mit den Widersachern, ja, dann auch mit anderen Mächten und – abstrakt – mit anderen Ländern. Der Wunsch nach Frieden in Europa, auf einem ganzen Kontinent, ist tatsächlich eher philosophischer Natur, am besten Frieden weltweit. Wer will das nicht? Jeder Mensch, der für Krieg auf die eine oder andere Weise bezahlen muss, möchte Frieden. Das war schon immer so.

Es war aber auch schon immer so, dass andere Kräfte davon profitiert haben, wenn der Konflikt- und Kriegszustand geherrscht hatte. Es war und ist immer eine Frage der Interessen.

Die Uni-Professoren gab an, dass „300 bis 400 solcher Pläne“, also die Vereinigung europäischer Mächte, in den Jahrhunderten geschmiedet worden wären.

Doch warum sollten sich rivalisierende Herrscher und Mächte zusammenschließen und quasi „natürliche“ Konflikthorizonte ignorieren? Verfolgten nicht schon die Römer eine „Einigung“ der europäischen Territorien und darüber hinaus? Damals nannte man dies die Schaffung eines „Imperiums“. Und ja, man muss den Römern den imperialen Gedanken nicht unterstellen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Unterwerfung anderer Völker mittels Krieg zwangsläufig zu Frieden führen wird. Wenn es gut geht.

Die „Einigung“ wird in dem Text mit einem friedlichen Zustand verbunden, was allerdings den Realitäten nicht standhält. Es ist mehr die Idee, dass es so sein könnte.

Frau Ziegerhofer führt den mittelalterlichen französischen Philosophen Pierre Dubois als einen der Vordenker der Einigungsidee an.

Pierre Dubois (Scholastiker) – Wikipedia

Mit diesem Franzosen wurde aber auch eine Überlegung verknüpft, die wenig friedlich war. Das Gerede von den Plänen für eine „Vereinigung“ wurde hier zu einer Reaktion auf eine „Bedrohung, die von außen kommt.“

Nun lässt sich allerdings feststellen, dass eine wahrgenommene Bedrohung auch eine Frage der Perspektive ist.

Die als „Expertin“ bezeichnete Frau Ziegerhofer bekannte freimütig die Intention, (vereinigt) das sog. „Heilige Land“ aus den „Händen der Ungläubigen“ zurückzuerobern. Dieses war freilich zuvor von den Europäern bereits einmal erobert worden. Aus Sicht der moslemischen Völker war die Bedrohung somit von den „europäischen Ungläubigen“ ausgegangen, welche mit dem 1. Kreuzzug in die Länder der Levante eingefallen waren.

Eine zweite Wahrnehmung war nicht minder interessant. So wurde als zweites Beispiel der Fall von Byzanz angeführt, das 1453 von den Osmanen erobert wurde. Dies hatte den endgültigen Untergang des ehemaligen Oströmischen Reiches markiert, welcher ebenfalls kaum als Hort des Friedens bezeichnet werden kann. Alte Eroberer wurden durch neue ersetzt. Groteskerweise berief sich die Historikerin auf eine Aussage des damaligen Königs von Böhmen, dessen Name fehlerhaft wiedergegeben wurde. Der Mann hieß nicht Georg „Podiebrand“, sondern Podiebrad (von Kunstat). Ihn als Beispiel zu nehmen ist insofern grotesk, weil er der religiösen Strömung des Utraquismus folgend bei der katholischen Kirche als Ketzer-König galt. Wie wir wissen, wurden Ketzer verfolgt und bekriegt, was auch bei König Georg nicht anders gewesen war.

Nach diesen Peinlichkeiten wurden eher zusammenhanglos angebliche „Parallelen“ festgestellt. So die „Erkenntnis“, dass kein „Europavisionär“ seine Herkunft „hintenanstellen“ könne. Soso, doch nicht nur das, gleichgültig wo, „man wird kaum jemanden finden, der wirklich europäisch denkt.“

Aha, so war das also gewesen. Das krampfhafte Bemühen, eine „Herkunft“ zu konstruieren (wie die Habsburger von Julius Cäsar), schien gescheitert. Und das ganz ohne dem unterschlagenen Faktum, dass im Mittelalter kaum „national“ gedacht wurde. Die „Expertin“ konstatierte ernüchtert: „Jenes Land, aus dem der Visionär kommt, soll die Vormacht haben. Daran krankt der europäische Gedanke bis heute.“

Alles nur Utopie. Bis „weit in das 20. Jahrhundert“. Die Autorin des KURIER-Textes nannte mit Richard Coudenhove-Kalergi einen Visionär für das Jahr 1923. Der Visionär von 1933-1945 wurde dagegen verschwiegen. Auch Adolf Hitler hatte einst Europa „vereinen“ wollen, freilich unter seiner bzw. deutscher Vorherrschaft. Da seine Vision sich heute schlecht verkaufen lässt, endete das dummdreiste Werbestück mit einem Zitat von Churchill, 1946: „Wir brauchen die Vereinigten Staaten von Europa.“

Aber nicht mit diesem Verbrecherpack und den übergestülpten Verbrecher-Organisationen. Das ist ein Zitat von uns.

 

Sonntag
14
Juli 2024
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