Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl heiratet. Für den KURIER ist dieser Umstand allerdings kein Grund zur Freude, soll Kneissl doch tatsächlich den russischen Präsidenten Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen haben.
Das geht natürlich nicht, jedenfalls nicht in den Augen des Boulevard-Blattes KURIER, gehören ihrer Meinung nach alle Personen, welche sich US-Interessen in den Weg stellen, einem feindlichen Lager an. Für österreichische Interessen scheint das Blatt dagegen sichtlich weniger empfänglich zu sein.
Zweifellos darf die österreichische Außenministerin die Gäste zu ihrer Hochzeit selbst auswählen, ebenso zweifellos kann eine private Entscheidung öffentliches Aufsehen erregen, wenn es sich bei den Akteuren um jene der Öffentlichkeit handelt. Und man kann auch davon ausgehen, dass die Entscheidung, den russischen Staatspräsidenten einzuladen, auch einem politischen Kalkül gefolgt war.
Ist dies nun aber negativ zu bewerten?
Für den KURIER war es wenig überraschend eindeutig eine negative Angelegenheit. Weil sich dies aber nicht belegen ließ, musste in ihrer Printausgabe vom 17, August 2018 eine Konstruktion aus Unterstellung und Verdrehung herhalten, wie es für billige Propaganda-Blätter üblich ist:
„Putins Propaganda-Show“
stand es ganz groß auf Seite 1.
Die KURIER-Propagandisten unterstellten erst einmal eine durch ihr Feindbild getätigte Propaganda, um die eigene Propaganda zu verschleiern. Ungeachtet dessen, dass sich der russische Staatspräsident nicht selbst eingeladen hat, sondern von Karin Kneissl eingeladen wurde, wurde dessen Zusage als „Show“ diffamiert, als „Propaganda-Show.“
Es ist allerdings der KURIER, welcher aus der Hochzeit der österreichischen Außenministerin und dem russischen Ehrengast eine Propaganda-Show zu veranstalten versucht – und sonst niemand. Der nicht existierende „Qualitätsjournalismus“ ging erst gar nicht der Frage nach, welche Politiker und Gäste desweiteren eingeladen worden waren, damit sich ein neugieriges Klatschpublikum hätte informieren können.
KURIER-Herausgeber Brandstätter wurde nicht eingeladen, weswegen er seine Enttäuschung persönlich als Meinungs-„Leitartikel“ kundtun musste. Er befand:
„Eine Hochzeitsfeier als Politpeinlichkeit“.
https://kurier.at/meinung/eine-hochzeitsfeier-als-polit-peinlichkeit/400091822
Gleichzeitig glaubte er von sich, dass es sich bei ihm um einen guten Ratgeber handeln würde, denn anderen sprach er diese Befähigung ab:
„Frau Kneissl war schlecht beraten, den hoffentlich schönsten Tag ihres Lebens der Politik auszuliefern.“
Die konservative Beschränktheit, den schönsten Tag eines Lebens an einem Hochzeitstag zu verorten, billigen wir dem KURIER-Herausgeber als dessen Privatsache zu. Seinen Versuch, andere Menschen zu bevormunden und gleichzeitig in weiterer Beschränktheit von einer „Auslieferung“ (der Politik) zu sprechen, allerdings nicht. Denn Brandstätter hat keine Kenntnis über persönliche Beziehungen noch über Hintergründe.
Brandstätter, welcher zuvor noch vom „hoffentlich schönsten Tag ihres Lebens“ gequatscht hatte, hielt mit seiner Heuchelei nicht lange hinterm Berg.
„Das und alles persönliche Glück der Erde hätten wir auch Außenministerin Karin Kneissl gegönnt…“
Hätte. Aber ein russophober Brandstätter kann das einfach nicht wünschen, nicht unter diesen Umständen, nicht mit diesem Gast.
„… mit einer netten Hochzeitsfeier im Kreise der Lieben und von Arbeitskollegen.“
Kein Zweifel, Brandstätter hätte am liebsten die Gästeliste für Frau Kneissl selbst zusammengestellt und bestimmt, wer zu den „Lieben“ und den „Arbeitskollegen“ gehört. Der russische Präsident Putin, durchaus ebenfalls so etwas wie ein Arbeitskollege, möglicherweise sogar „lieb“, hätte natürlich nicht dazu gehört.
Leider kann der KURIER-Herausgeber seine ablehnende Haltung gegenüber einer Verständigung zu Russland innerhalb seiner Meinung nicht unterfüttern. Also stellt er eine Frage, die er nicht beantworten kann, in welcher er aber seine Diffamierung erneut verpackt:
„Warum also die Hochzeitsshow, die zur politischen Peinlichkeit wird?“
Brandstätter spekulierte in seiner Ahnungslosigkeit ein wenig herum, hat aber anschließend aus dem Nichts heraus eine Gewissheit:
„Wer als „Brückenbauer“ zwischen Russland und der Ukraine auftreten wollte, steht nun blamiert da…“
Leider gab der KURIER-Herausgeber nicht an, wer konkret blamiert worden sein soll, womöglich die österreichische Bundesregierung allgemein, noch konnte er benennen, worin sie die „Blamage“ begründete. Es drängte sich der Verdacht auf, dass Brandstätter nicht einmal von der genauen Definition des Begriffes „Blamage“ Kenntnis besaß. Auch außenpolitisch schien Brandstätter von einer bemerkenswerten Inkompetenz befallen: die Ukraine ist vom „Westen“ abhängig wie auch Verhandlungen nur über die USA laufen.
Sachlichkeit war noch nie das Feld für Propaganda-Akteure wie Brandstätter. Hohles Gerede wurde auch von ihm nur durch Polemik bereichert:
„… Ex-Geheimdienstler Putin bekommt seine große Show.“
Brandstätter wusste schon vorher, dass Putin eine „Show“ veranstalten wird. Das hatte der KURIER auch bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland schon vorher gewusst. Und dann waren sie enttäuscht gewesen, weil er keine Show veranstaltet hatte. Deswegen wurde dieses Nichts durch die Bezeichnung „Ex-Geheimdienstler“ ergänzt, um das Gefühl einer gewisse Hintertriebenheit zu vermitteln, also etwas, was bei den Ex-Geheimdienstlern wie George Bush oder Frank Steinmeier nie und nimmer Thema gewesen war.
Mit dem österreichischen Außenministerium möchte es sich Brandstätter allerdings nicht verscherzen. Er bescheinigte schleimig der Behörde „kluge Diplomaten“, die seiner Meinung nach „offenbar die Gefahr erkannt“ und sich um „Schadensbegrenzung“ bemüht hätten:
„Es ist in erster Linie eine private Feier und ein persönlicher Besuch und daraus ergibt sich keine Änderung der außenpolitischen Positionierung Österreichs.“
Diese Sachverhaltsdarstellung konterkarierte freilich Brandstätters Propagandastückchen, dem es offenbar nicht einmal aufgefallen war. Da war nichts von „Gefahr erkannt“ oder „Schadensbegrenzung“, da gab es nur eine Erklärung als Reaktion für mediale Hetze.
Brandstätter tat so, als habe er die Erklärung und den Kontext nicht verstanden, und vielleicht versteht er es auch tatsächlich nicht. Getrieben wird sein Handeln ohnehin von den ihn führenden Interessengruppen, und von der Sorge, diesen nicht zu genügen.
„Haben wir das notwendig gehabt, dass wir der ganzen Welt versichern müssen, dass wir eh ein verlässlicher Partner innerhalb der EU sind.“