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Kriegspropaganda in Sozialen Medien. Teil 3-3.

 

Fortsetzung zum Thema: Facebook-Seite „Amrha und Wärme für Madaya“, Teil 3.

 

Uns hatte natürlich interessiert, wie unter den bisher genannten Aspekten das gespendete Geld zu den Hilfsbedürftigen gelangen konnte. Letztlich ging es auch um die Frage, in wieweit die bedauernswerten Menschen von der Hilfe tatsächlich profitierten. Und ob unter Umständen auch andere von den Geldern profitieren könnten, wenn nicht sogar ausschließlich.

Das angegebene Spenden-Konto lief unter den Namen der Michelle Schmid im schweizerischen Embrach. Stichwort „Madaya“.

Diese Spenden-Aktion war nicht durch eine Vereinsbildung juristisch abgesichert. Auf diesbezügliche Anfrage einer Interessierten, bekam diese von Frau Schmid am 22. Dezember 2015 die Antwort, dass noch kein Verein gebildet worden wäre. Dieses wurde allerdings mit einem eingeklammerten „noch“ zumindest in Aussicht gestellt. Dass dies anschließend jemals geschehen war, geht auf der Facebook-Seite „Wärme für Madaya“ allerdings zu keinem Zeitpunkt hervor, womit abermals ein höchst unseriöses Gebaren an den Tag gelegt wurde.

 

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Quelle: Facebook.

 

Es wurde von der Betreiberin, Frau Schmid, angegeben, dass die Spenden an die in Madaya befindliche Hilfsorganisation „Amrha“ weitergeleitet werden würden. Wie hatte sie nach Anfragen von Interessierten den Weg des Geldes erklärt?

21. Dezember 2015:

„Wärme für Madaya“: „Via WesternUnion Überweisung.“

Und auf die Frage, wer dieses Geld entgegennehmen würde:

„Wärme für Madaya“: „Ahmad von der kleinen örtlichen Hilfsorganisation Amrha.“

2. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Mit WesternUnion über eine Drittperson im Libanon, welche das Geld dann weiter überweist an Ahmad in Madaya.“

4. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Ich überweise das Geld an meinen Projekt-Partner in Madaya. Es gibt dort Aktivisten, die ihr Leben riskieren, um Lebensmittel in die Stadt zu schmuggeln auf geheimen Wegen.“

5. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Hilfsgüter kommen keine rein, das ist richtig. Ich sammle Geld und schicke es mit WesternUnion an einen engen Freund von meinem Projekt-Partner Ahmad in Madaya. Dieser überweist es sofort weiter an Ahmad, so kann Ahmad das Geld in Madaya am nächsten Tag abheben…“

5. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Ja, die Spenden sammle ich und schicke sie an Ahmad, meinen Projekt-Partner in Madaya, der mein vollstes Vertrauen hat. Er ist Mitglied der kleinen örtlichen Hilfsorganisation „Amrha“…“

10. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Wir arbeiten mit der kleinen, aus Einheimischen bestehenden Hilfsorganisation „Amrha“ in Madaya zusammen. Das sind junge Aktivisten, welche in Madaya leben. Bisher haben keine auswärtigen NGOs Zugang zu Madaya. Wir lassen „Amrha“ die Spenden zukommen und die Aktivisten besorgen damit unter Lebensgefahr die Nahrungsmittel.“

11. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Unsere Spenden werden mit WesternUnion an eine Drittperson im Libanon geschickt, welche eng mit meinem Projekt-Partner Ahmad aus Madaya befreundet ist. Diese Drittperson überweist das Geld sofort weiter an Ahmad nach Madaya, so kann Ahmad es am nächsten es am nächsten Tag abheben. Ahmad und die Aktivisten von „Amrha“ organisieren damit Lebensmittel…“

Bei den Besucherbeiträgen meldete sich am 4. April ein Frank Streicher:

„Hallo! Eine super Seite und eine hervorragende Aktion! Gerne würde ich auch etwas spenden, frage mich aber schon, wie denn das Geld dann überhaupt dorthin kommt. Wer soll es denn da noch auszahlen? Eine Bank? Oder wird das etwa auf dem Postweg geschickt? Mit freundlichen Grüßen Frank aus Deutschland.“

 

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Quelle: Facebook.

 

„Wärme für Madaya“ noch am 4. April:

„Vielen Dank für die lieben Worte! Ich arbeite eng mit den humanitären Aktivisten von Amrha in Madaya zusammen. Mein Projekt-Partner Ahmad lebt in Madaya und ist Mitglied von Amrha. Wir sammeln das gespendete Geld auf einem Konto und ich schicke es jeweils per Western Union an einen engen Freund von Ahmad in den Libanon, der überweist es sofort weiter an Ahmad nach Madaya, so kann Ahmad das Geld am nächsten Tag ganz normal auf der Bank in Madaya abheben. Das klappt sehr gut so. Liebe Grüße, Michelle.“

 

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Quelle: Facebook.

 

Frau Schmid behauptete, dass „Ahmad“ in Madaya „ganz normal“ das gespendete Geld von der Bank abheben könne.

Wir dagegen fragten uns: von welcher Bank?

In Madaya existieren seit geraumer Zeit keine staatlichen Strukturen wie staatliche Banken oder die staatliche Post. Von privaten Banken ist ebenfalls nichts bekannt, und sie konnten von uns auch nicht mit Hilfe der heimischen Geldinstitute ausfindig gemacht werden.

Internationaler Geldverkehr in rechtsfreie Räume oder an außerhalb des Zahlungssystems befindliche „Institutionen“ sind nicht möglich. Wer sollte zudem nach der Auflösung der staatlichen Strukturen für die unabdingbare Rechtssicherheit und auch den Schutz sorgen?

Frau Schmid hatte nie von einer direkten Überweisung nach Madaya gesprochen, sondern angegeben, dass diese über einen Mittelsmann im Libanon abgewickelt werden würde. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass es sich um einen internationalen Geldtransfer handeln musste.

Tatsächlich existiert kein einziger Beleg dafür, in welche Hände das gespendete Geld gekommen war. Eine Dokumentation des „Ahmad“ über eine reale Bank, über das Personal, über den Transfer und vor allem über die Belege etc. erfolgte nie.

 

Abgesehen von dem Thema über den Verbleib der Spendengelder, musste die Frage im Raum stehen, wie es der „Selbsthilfe-Organisation Amrha“ möglich sein konnte, diverse Hilfsgüter innerhalb Madayas zu organisieren oder diese in die von der syrischen Armee und Verbänden der Hisbollah umzingelten Stadt zu transportieren.

Auch hier lassen wir „Wärme für Madaya“ bzw. Frau Schmid zu Wort kommen:

4. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Es gibt dort Aktivisten, die ihr Leben riskieren, um Lebensmittel in die Stadt zu schmuggeln auf geheimen Wegen.“

5. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Er (Ahmad) organisiert dann (nach Erhalt des Geldes) mit anderen Aktivisten Lebensmittel. Die jungen Männer riskieren dabei ihr Leben. Einige wurden bereits erschossen oder verhaftet oder durch Minen schwer verletzt.“

5. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Diese mutigen jungen Männer (Anm.: von Amrha) riskieren ihr Leben, indem sie versuchen auf geheimen, verminten Wegen Lebensmittel in die Stadt zu bringen. Einige wurden dabei schon erschossen oder verhaftet, oder wurden durch Minen schwer verletzt…“

 

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Quelle: Facebook.

 

Nach der Darstellung von Frau Schmid würden sich „Aktivisten“ mit dem Geld heimlich aus Madaya und auch durch die Sicherungen der SAA oder Hisbollah schleichen. Dann würden sie an nicht genannten Orten Waren (nebenan? 20 Kilometer entfernt?) einkaufen, um mit diesen wieder zurück in die Stadt und abermals durch die militärischen Sicherungen zu schleichen.

Wie sollte man sich das vorstellen? Mit dem Auto wohl kaum. Mit Lasttieren? Zu Fuß? Wohin überhaupt? Und wieviele „junge Männer“ sollen daran beteiligt sein? Wieviel konnte jeder tragen? Welcher Umfang an Waren konnte überhaupt unbemerkt transportiert werden?

Es wurde die Gefährlichkeit dieser Unternehmungen herausgestellt, da auch „geheime“ Wege nicht so geheim gewesen wären, da laut Frau Schmid vermint. Einige „Aktivisten“ sollen auch erschossen worden sein, andere verhaftet, was auch den Verlust von Waren und Geld zur Folge gehabt haben sollte. Die Verluste mussten schwer wiegen in Anbetracht einer relativ geringen Gütermenge pro „Aktivist“ und der Rettung einer anderen Person. Das dürfte sich auch auf die Moral von „Freiwilligen“ niedergeschlagen haben. Wenn dem so wäre.

Dann aber hatte „Wärme für Madaya“ einen anderen Weg zur Beschaffung von Nahrung genannt, welcher eher ungefährlich gewesen sein sollte:

22. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Die Aktivisten von Amrha benuten Wege über verminte Felder, was sehr gefährlich ist. Oder bestechen die Milizen am Checkpoint, welche ihnen dann kleine Mengen Güter geben zu völlig gestörten Preisen. Die UN hat 1 Tonne Milchpulver gebracht für ca 850 Kinder. Das waren knapp 1,2 kg pro Kind.“

24. Januar 2016:

„Wärme für Madaya“: „Wir sammeln Geld und schicken es nach Madaya, die Aktivisten von Amrha organisieren dann Milchpulver. Es gibt Wege über die verminten Felder, was aber sehr gefährlich ist, oder die Möglichkeit der Bestechung der Milizen am Checkpoint.“

30. Januar 2016:

Auf Anfrage wegen der Versorgung:

„Wärme für Madaya“: „Zur Zeit gelangen fast täglich Nahrungsmittel nach Madaya, diese müssen dann allerdings zu überhöhten Preisen gekauft werden. Leider sind sehr viele Bewohner durch die lange Unterernährung schwach und sehr krank, ihre Körper mögen die Nahrung gar nicht mehr vertragen…“

 

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Viele Nahrungsmittel, aber nur zum Kauf. Viele Nahrungsmittel von wo und Verkauf durch wen? Quelle: Facebook.

 

Davon abgesehen, dass sich kein Mensch über offene Felder bewegt, wenn er nicht gesehen werden möchte, wurde hier die Möglichkeit genannt, „Milizen“ am „Checkpoint“ zu bestechen, welche der syrischen Armee oder der Hisbollah angehören würden. Das musste natürlich sehr teuer sein, sollte dies einer Realität entsprechen. Aber auf jeden Fall ohne Verluste an „Aktivisten“ einhergehen, weswegen dieser Weg der bessere gewesen sein dürfte. Das bedeutete nebenbei aber auch, dass die Soldaten, die angeblich gerne Leute beim Rupfen von Gras aus der Distanz erschießen würden, andere Leute auf ihren „Checkpoint“ zukommen ließen, um mit ihren zu deren Nachteil zu handeln.

 

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Angeblich einer der „Checkpoints“: sichtlich improvisiert, klein und innerhalb eines Stadtgebietes befindlich. Quelle: Facebook, Amrha und Wärme für Madaya.

 

Interessant ist hier der Umstand, dass das Sujet der bestechlichen „Milizen“ erst nach dem Eintreffen der UN-Hilfskonvois in Madaya in die Geschichte eingeführt wurde. Diese „Milizionäre“ wurden nun indirekt als korrupte Händler dargestellt, als hätten diese sich UN-Güter unter ihre Nägel gerissen – worüber es keinerlei Beweise gibt. Belegt sind aber die Hilfskonvois nach Madaya hinein, so dass die Notwendigkeit, sich gleich anschließend an den „Checkpoints“ mit Lebensmittel einzudecken, nicht schlüssig sein konnte.

 

 

Dienstag
03
Januar 2017
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