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Keine Filmkritik: 3096 (Teil 0,7)

 

Der Direktor des BKA, Herwig H., wurde nach internen Querelen am 3. Februar 2008, von seinem Amt abberufen. H. ging anschließend an die die Presse und nannte als Grund für diese Ablösung, dass er sich nicht korrumpieren ließe. Seine Vorwürfe richteten sich gegen die politische Einflußnahme durch das Innenministerium in den Fällen der BAWAG-Affäre und eben auch in dem Fall Ka., wo beim Letzteren die Aufarbeitung der Ermittlungsfehler abgewürgt worden wären.

Herwig H.


Herwig H. wurde Anfang November 2008 suspendiert, nachdem er in einem Interiew angegeben habe, dass das BKA zu einer Außenstelle der ÖVP verkommen sei und man ihm gedroht habe, weiter gegen ihn vorzugehen, sollte er nicht seinen Mund halten.

 

Innenminister Günther P. setzte am 10. Februar 2008 eine Evaluierungskommission unter der Leitung des Juristen und Ex-Verfassungsgerichtshof-Präsidenten Ludwig A. ein. Hier ging es aber weniger um das Neuaufrollen des Falles Ka., als um „Erkenntnisse über strukturelle Verbesserungsmöglichkeiten sowie den Bedarf an der Entwicklung neuer kriminalistischer Methoden, Techniken etc. zu gewinnen.“

 

Ludwig A.

 

Am 3. März 2008 wurde zudem ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gebildet, welche das mögliche polizeiliche Versagen und vor allem die politische Vertuschung untersuchen sollte. Nach Peter P., Parlamentsabgeordneter der Grünen, war der Arbeitsuftrag des Untersuchungsausschusses folgender:

 

  1. Aufklärung, ob es bei den kriminalpolizeilichen und gerichtlichen Ermittlungen im Fall Ka. zu schweren Fehlern gekommen ist;

  2. Aufklärung, ob vor der Nationalratswahl 2006 vom Kabinett der Bundesministerin für Inneres (KBM) dem damaligen Direktor des BKA die Weisung erteilt wurde, die Vernehmung eines Zeugen im Zusammenhang mit dem Fall Ka. vor den Wahlen zu unterlassen;

  3. Aufklärung, ob im weiteren die Evaluierung der kriminalpolizeilichen Ermittlungen im Fall Ka. verhindert und schwere Fehler bei den Ermittlungen vertuscht oder gar nicht untersucht wurden.“

 

 

Mitte April 2008 druckten zwei sogenannte „Gratis“-Blätter, von denen das eine allerdings das andere als Quelle nannte, eine ganze Reihe von Details aus den polizeilichen Vernehmungsakten ab, die bis dahin nie veröffentlicht worden waren. Diese skandalöse Weitergabe von Informationen wurde zum Fall für die Staatsanwaltschaft, ÖVP und SPÖ beschuldigten sich gegenseitig, für das „Leck“ verantwortlich zu sein. Die Materialien hatten dem Innen- und dem Justizministerium sowie der Evaluierungskommission und Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestanden. Den beiden letzteren allerdings nur eingeschränkt, weil ihnen die Ermittlungsakten zumindest teilweise gesperrt waren.

Dies ging allerdings genau so unter wie die fragwürdige Qualität der beiden Blätter, die zumindest keinen Hehl daraus machen, mangels Journalismus und Ethik zum Zeitungsdreck zu gehören.

Der Medienkonsument erfuhr anschließend auch über weitere Medien, was da alles kolportiert wurde. Dazu gehörten die ersten Aussagen von Natascha Ka. gegenüber einer Polizistin („Kann keine Namen nennen“ auf die Frage nach Mittätern), gegenüber dem ersten Arzt („Wie lange lässt sich eine Schwangerschaft nachweisen?“), wobei hier der Personenschutz verletzt wurde. (Die Polizei soll allerdings dieser Frage nach einem möglichen Kind vergeblich – nachgegangen sein).

Das Gratis-Blatt berichtete auch von Datenträgern mit Bildern von Natascha Ka, die im Haus von Priklopil gefunden worden sein sollen, doch wäre eine Auswertung auf Anweisung „von oben“ abgebrochen worden. Auch sollen die aufgefundenen persönlichen Gegenstände des Entführungsopfers ohne Auswertung versiegelt worden sein.

Ansonsten wurde vor allem Klatsch geboten. Proklopil habe in der Wiener S/M-Szene verkehrt, es wurden Vorlieben des Entführers angegeben, auch, dass das Opfer Natascha Ka. habe angeblich mitmachen müssen. Für die Befriedigung niedrigster Sensationslust wurde dazu noch ein angeblicher „Zeuge“ angeführt, der seine Frau im Jahre 2001 an Priklopil „vermietet“ haben soll, die anschließend verängstigt und übel zugerichtet zurückgekommen sei.

 

Nachprüfbar war das alles nicht, zumindest nicht für die Leserschaft. Aber es verstärkte in der Bevölkerung das Mißtrauen gegenüber der Polizei und der Justiz, auch wenn in diesem Fall nichts Greifbares abgedruckt worden war, was diesen Kriminalfall aufklären könnte.

Einzig Ludwig A., der Leiter der Evaluierungskommission, bestätigte wenige Tage später öffentlich, dass es diese Aussage von Natascha Ka. gegenüber einer Polizistin, sie könne keine Namen nennen, tatsächlich gegeben habe. Und das war es, was die Einzeltäter-Theorie der Behörden nicht unterstützte. Das fasste der Medienkonsument auch so auf.

Von Natascha Ka. kam wiederum die öffentliche Stellungnahme, dass es keinen Hinweis auf Mittäter gebe und Priklopil auch „laut Psychogramm der Ermittlungsbehörden ein Einzeltäter“ gewesen sei.

Für den Untersuchungsausschuss mag dies etwas „schräg“ geklungen haben, denn nach den vorliegenden Ausschnitten der ersten Vernehmungsprotokolle mit Natascha Ka. war sie es selbst gewesen, welche 2006 Hinweise (indirekt, aber massiv) auf Mittäter oder zumindest Mitwisser geliefert hatte. Und das war definitiv nicht anders zu verstehen. Da konnte es eher um die Frage gehen, welche Erklärung nun die richtige war und warum es überhaupt eine falsche gab.

Während der Anwalt von Natascha Ka., Gerald G., rechtliche Schritte erhob und Klage gegen dieses „Gratis“-Blatt einreichte, unter anderem wegen Urheberrechtsverletzung bei den Fotos, während in der Bevölkerung über den Fall wieder spekuliert wurde, brachte ein Magazin einen Bericht über Natascha Ka. mit hübscher Bilderstrecke, um die Leserschaft zu informieren, wie es ihr so ging. Zufällig arbeitete Gerald G., der Anwalt, auch für dieses Magazin.

Gerald G.


Und das war der Punkt. Natascha Ka. und ihr Team aus Medienberatern, Psychologen und Anwälten hielten das Thema selbst am Kochen, mit Sendungen, Interviews und Artikeln, taten aber brüskiert, wenn auch andere Medienvertreter ihren Anteil vom „Kuchen“ zu sichern versuchten – dann freilich mit nicht abgesprochenen und genehmigten Materialien und „Informationen“.

Als dann auch noch die Nachricht an die Öffentlichkeit gelangte, dass Natascha Ka. das Haus von Priklopil erworben hatte, sah es um die „Öffentliche Meinung“ nicht mehr gut aus.


Montag
13
Mai 2013
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